Im Gefängnis statt am Steuer
Rund um den Bahnhof Bern sammeln wir in Kleingruppen in Kürze etliche Unterschriften für eine Briefaktion zu Saudi-Arabien. Dort werden immer noch mehrere Frauenrechtsaktivistinnen inhaftiert.
Kronprinz Mohamed bin Salman gibt sich als visionärer Reformer. Seit Juni 2018 dürfen Frauen in Saudi-Arabien Auto fahren. Bittere Ironie: Genau die Aktivistinnen, die sich seit Jahren dafür eingesetzt hatten, wurden verhaftet. Sie sind seither ohne Anklage und Kontakt zur Aussenwelt und werden gefoltert. Unter ihnen befindet sich auch Loujain al Hathloul, die sich an vorderster Front für das Recht, als Frau Auto fahren zu dürfen, eingesetzt hatte. Amnesty International fordert die sofortige Freilassung dieser Aktivistinnen. Die Verhaftungen sind Ausdruck einer immer stärkeren Unterdrückung unabhängiger Stimmen im Königreich.
Im Anschluss an die Unterschriftensammlung gehen wir an ein Treffen mit Nekane Txapartegi. Sie wurde bekannt als baskische Politikerin, die in Spanien im Gefängnis gefoltert wurde, in der Schweiz um Asyl ersuchte und schliesslich in einem Zürcher Gefängnis in Ausschaffungshaft war. Vor eineinhalb Jahren kam sie frei und lebt seither mit legalem Status in der Schweiz. Mit ihr waren wir während der Schweizer Gefangenschaft in Briefkontakt. Jetzt berichtet sie von jener Zeit und den schwierigen Umständen im Gefängnis, von Demütigungen, von der Entindividualisierung – wie lassen sich die Zustände in Schweizer Gefängnissen in Einklang bringen mit den allgemeinen Menschenrechten? Heute setzt sich Nekane dafür ein, dass Gefangene in der Schweiz, insbesondere weibliche Gefangene ihre Rechte kennen. Sie will Kommunikation zwischen den Häftlingen und der Aussenwelt aufbauen, denn aus ihrer Sicht ist eine Gefängnisstrafe in der Schweiz ein Tabuthema.
Sibylle